die Lebensgeister wecken - Im Samen der Baum

30. Dezember - die Rauhnächte neigen sich und gehen ins letzte Viertel. Es ist Zeit, langsam zurückzukehren ins Diesseits und mitzubringen, was uns begleiten soll. 
Einmal im Jahr, zwischen den Jahren wie jetzt, haben wir solch eine ausgedehnte Zeit. Ich nenne sie gern eine kleine Vorschau auf's Pardies, wo wir zu Hause sind, uns erholen, erinnern, neu ausrichten, wo wir richtig und geborgen sind. Wir rühren an diese andere Welt auch in besonderen Momenten in Meditationen, Gebeten, in der Liebe... Eine besondere Kraft hat es gerde jetzt, wenn im Winter auch die Natur um uns still und innerlich ist.  Es ist so wunderschön, dass man sich leicht darin verlieren kann, verweilen, noch bleiben will, gar nicht wieder hinaus. Auch, wenn vielleicht bei dem ein oder anderen die vielen Erwartungen auf die Weihnachtstage     Foto: Katerina Vulcova                                                                                                                                                              und die Spannungen in Familien auch da sind und anstrengende Erfahrungen bereithalten - zumindest ein Teil von uns nimmt um das Jahresende bewusst oder unbewusst von einem uralten inneren Ort aus ´Teil an dem Mysterium. Doch auch dies hat seine Zeit und wir müssen zurück. Unsere Seelen haben sich ja hier auf der Erde inkarniert, hier warten die Dinge, denen wir dieses Leben widmen wollen. Das Zurück-Kommen ist ein aktiver Prozess und es gibt ein überliefertes Ritual, zu dem ich Euch gern einladen möchte.

Bis heute ist es lebendig und wird zwischen Sonnenwende und Ostern manchmal in den eigenen 4 Wänden und im Haus und Hof, manchmal  auch als Teil öffentlicher Feste in Städten und Dörfern zelebriert. Ihr braucht dazu eine Haselrute.
Die Haselrute ist besonders mit der Kraft der Vorfahren, der Ahnen verbunden. Das Alter der Haselsträucher ist selbst für Kenner schwierig zu bestimmen, weil immer wieder neue Ruten aus der Erde emporschießen. Im Märchen von Aschenbrödel sitzt das Mädchen auf dem Grab der Mutter, auf dem ein Haselnussstrauch wächst und klagt der Mutter ihr Leid und erbittet Trost und Rat. In einer Variante des Märchens bekommt Aschenbrödel 3 verzauberte Haselnüsse, mit deren Hilfe sie ihr Schicksal wendet und ihr Glück findet. In Meditationen unter der Hasel erscheinen immer wieder innere Bilder, Worte, Austausch mit Ahnen. 
Die Rute, die der Weihnachtsmann in unseren Jugend mitbrachte, ist beileibe nicht für "böse" Kinder gedacht. Knecht Ruprecht trägt die Haselrute und sie ist für alle da. Ab jetzt bis zu Ostern ist es Zeit, die Lebensgeister zu wecken und all unsere geistigen, seelischen und körperlichen Kräfte ganz hier bei uns in die Welt zu holen und für die nächste Runde hier zu verwurzeln. Knecht Ruprecht mit der "wilden Jagd", die während der Rauhnächte im Glauben der nordischen Waldvölker durch die Lande zieht, gibt Bäumen und Büschen, aber auch Mann und Maus einen Streich mit der Haselrute, um das fruchtbare neue Leben zum Vibrieren und erneuten Pulsen zu bringen. Stellvertretend haben auch die Ältesten im Hausstand diese Aufgabe erfüllt. Der Streich der Haselrute holt in diese Welt zurück und weiht und segnet zugleich.
Sollte Euch das archaisch vorkommen, habt Ihr ganz recht. 

Das Ritual für heute:

Schneidet Euch eine Haselrute, also einen dünnen Sprössling des Haselstrauches auf diese Weise: Sucht einen Haselstrauch in Eurer Nähe. Wenn Ihr mehrere Sträucher wißt, geht zu dem, zu dem es Euch am meisten zieht.  Bringt etwas Tabak mit. Sprecht den Strauch an und sagt ihm, was Ihr von ihm wollt und wofür. Bittet ihn um Unterstützung zum Wecken der Lebensgeister, auf dass alles Lebendige um Euch im kommenden Jahr gedeiht. Habt Ihr das Gefühl, dass Zustimmung da ist, könnt Ihr schneiden. Wenn nicht, fragt einen anderen Strauch. Bedankt Euch und streut den Tabak auf die Schnittstelle und unter den Strauch.
Mit der Rute geht durch Euren Garten, durch Euer Haus und zu den Tieren, wenn Ihr habt. Sprecht wiederum alle Bäume, Sträucher, Tiere an mit einem Dank für ihre bisherigen Geschenke des Lebens und Eurem Wunsch für das Gedeihen im nächsten Jahr, dem nächsten Zyklus des Werdens und Vergehens. Dann gebt allem einen Streich mit der Rute, nicht zu gewaltig, aber auch nicht zu zart. (Ihr könnt es vorher zuerst bei Euch selbst probieren.)

Hebt danach die Rute auf und gebt sie erst ins nächste Wintersonnenwendfeuer.

Dann gehen wir in das zweite große Fest der Rauhnächte - in die Silvesternacht und feiern den Übergang.

Der Gesang zum Wecken der Lebensgeister ist:
Im Samen der Baum
youtube

Kapo 5. Bund

       Am               E
Im Samen der Baum,
         E7             Am
der Baum im Raum,
         Dm         G7      C           F
der Raum in der Unendlichkeit,
       F7                      E4         E
Unendlichkeit im Samen.

T/M: Luis Zett

Noten im Buch: "Lieder für die stille Zeit"
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